Hohe Abwanderungsquoten trotz guter Zufriedenheitswerte – Die Folge unvollständiger Analysen

Die Situation ist in vielen Unternehmen bekannt: Die Befragungen zur Kundenzufriedenheit zeigen erfreuliche Ergebnisse und dennoch wechseln die Kunden den Anbieter. Zufriedenheit ist eben nicht gleichzusetzen mit einer wirklichen Bindung an das Unternehmen. Die übliche quantitative Messung der Kundenzufriedenheit spiegelt lediglich einen Ausschnitt des Gesamtbildes eines Kunden zum Zeitpunkt der Datenerhebung wider. Die Komplexität seines Verhaltens wird dabei nicht berücksichtigt.

Um eine Aussage über die Kundenbindung zu erhalten, müssen die quantitativen Befragungen um weitere Aspekte ergänzt werden. Ein Ansatz ist das Qualitative Zufriedenheitsmodell  von Stauss/Neuhaus. Hier  werden emotionale Nähe, Erwartungshaltung und Verhaltensintention (Wiederwahlabsicht) des Kunden zusätzlich berücksichtigt. So kann beispielsweise die Erwartungshaltung bei hoher Zufriedenheit stetig ansteigen. Weitere Faktoren, wie z.B. Preissensibilität und Weiterempfehlungen haben zusätzlich einen Einfluss auf die Bindung des Kunden an das Unternehmen.

Diese Wirkungsmechanismen werden auch im Qualitativen Kunden-Verhaltensmodell (QKV) vom S.W.I. berücksichtigt. Mittels qualitativer Befragungen lassen sich zuverlässig Rückschlüsse über die Bindung der verschiedenen Kundengruppen an das Unternehmen gewinnen. Die Identifikation von Schlüsselindikatoren erleichtert die Typologisierung des Kundestamms nach Abwanderungsrisiko und ermöglicht die darauf abgestimmte individuelle Ansprache.

Neben den unzufriedenen Kunden, die nur unter großem Aufwand an das Unternehmen gebunden werden können, lassen sich unter den zufriedenen Kunden drei Typen erkennen. Diese drei Typen zeichnen sich durch eine unterschiedlich stark ausgeprägte Bindung an das Unternehmen aus, auch wenn bei allen die Zufriedenheit in der Kundenbefragung sehr hohe Werte ergeben kann.

„Der aktive Sucher“: Der zufriedene Kunde, der Anforderungen stellt und aktiv nach besseren Konditionen bzw. besserem Service sucht. Er wechselt, wenn er einen besseren Anbieter findet. Der Wechsel ist für ihn eine rationale Entscheidung.

„Der passiv Bereite“: Der zufriedene Kunde, der bei interessanten Angeboten eine hohe Bereitschaft aufweist zu wechseln, selbst jedoch nicht aktiv danach sucht. Er ist an das Unternehmen emotional nicht gebunden. Er ist empfänglich für Empfehlungen von Dritten.

„Der passiv Beständige“: Der zufriedene Kunde, dem eine beständige Kundenbeziehung wichtig ist und dessen Bereitschaft zu wechseln gering ausfällt. Er ist emotional an das Unternehmen gebunden.

Fest steht: Kundenbindung ist mehr als Kundenzufriedenheit. Ausschließlich quantitative Kundenzufriedenheitsbefragungen sind deshalb nicht sinnvoll. Der Einsatz intelligenter Analysemodelle ist notwendig.

 

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