Gute Nacht, Einzelhandel? Dornröschen wach auf.

Mit einem jährlichen Umsatz von 512 Milliarden Euro ist der Einzelhandel eines der wichtigsten Standbeine der deutschen Binnenwirtschaft. Einer Studie des Hamburgischen Weltwirtschaftsinstituts (HWWI), die im Auftrag der HSH Nordbank durchgeführt wurde, zu Folge fließt ein gutes Drittel aller privaten Konsumausgaben in diesen Wirtschafts-zweig. Diese Tendenz allerdings ist rückläufig, die Branche steckt in der Krise.

Das eine Problem ist ein strukturelles. Der latente Bevölkerungsrückgang hat zu Sättigungseffekten geführt, die bereits heute spürbar sind. Wie die Studie des HWWI darlegt, stagniert der Grundbedarf an Nahrungsmitteln, Bekleidung, Schuhen, Haushaltsgegenständen und Möbeln.

Das andere Problem ist die Konkurrenz aus dem Internet. Während Amazon als erfolgreicher Universalanbieter die Breite des Marktes besetzt, haben andere Webshops wie Zalando dezidierte Nischen erschlossen, die sie nun mit großem Ehrgeiz verteidigen. Vor diesem Hintergrund ist es wenig überraschend, dass auch etablierte Anbieter das Betätigungsfeld E-Commerce als bedeutsames Standbein ausgebaut haben. Der Versand-händler OTTO beispielsweise erschloss mit großem Erfolg den Vertrieb über das Internet, ebenso wie der Textilhersteller Trigema. Ob vergleichbare Projekte der Douglas-Tochter Thalia oder des Spielwarenherstellers „Toys’R’Us“ ebenfalls von Erfolg gekrönt sind, bleibt abzuwarten.

Es ist keine große Erkenntnis, dass digitale Vertriebskanäle an Bedeutung gewinnen. Mit Hilfe mobiler Endgeräte müssen besondere Serviceerlebnisse kreiert werden, die der Kunden- und Verkaufsorientierung gleichermaßen gerecht werden. Das Engineering von attraktiven Apps steckt noch in den Kinderschuhen.

Einige Händler setzen bereits QR-Codes ein, mit deren Hilfe, Produkte unmittelbar im Webshop des Anbieters aufgerufen werden können. Auf diese Weise findet eine Ver-knüpfung von Filiale und Online-Shop statt, das Schaufenster wird zum Point of Sale: Das Shopping-Erlebnis bleibt, das Schaufensterbummeln, Stöbern und Flanieren. Öffnungszeiten spielen hingegen keine Rolle mehr, denn die QR-Codes können direkt im Schaufenster gescannt werden. Der Einkauf selbst findet direkt über das Internet statt, der Versand erfolgt automatisch an die, in der App hinterlegte, Adresse. Das Tragen von Einkaufstaschen könnte dann ebenfalls der Vergangenheit angehören.

Einfachheit ist ein zentraler Aspekt, um Kundenakzeptanz zu schaffen. Die Logistik des Warentransports nimmt hierbei eine hohe Bedeutung ein. Doch was ist wichtiger? Schnelligkeit oder Pünktlichkeit der Lieferung?
Dies hängt sicherlich von den jeweiligen Kundenbedürfnissen ab. Mit dem neuen Angebot von MyTaxi kommt einen neue Dynamik in den Markt. Sie stellt eine Chance für den stationären Einzelhandel dar. Das Unternehmen bietet (zunächst) testweise Liefer-leistungen an: Die Taxen werden damit zum Lieferanten für stationäre Händler. Die registrierten MyTaxi-Taxifahrer erhalten wie bei normalen Personenbeförderungen über ihre MyTaxi-App einen Hinweis über die angebotene Lieferfahrt. Diese können sie dann annehmen oder ablehnen. Der Unterschied zwischen dem stationären Handel und den Online-Shops verringert sich.  Es bleibt spannend. Wir werden sehen, ob der Einzelhandel aus seinem Schlaf erwacht.

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