Gegenmittel Agilität und CX (customer experience)? Bitte fragen Sie nicht unbedingt Ihren Berater.
Sinnvolle Ansätze werden zu Buzzwords. Man kommt fast zu dem Schluss, dass Begriffe wie Agilität oder Customer Experience das Allheilmittel gegen das Sterben von Unternehmen ist. Botox für Unternehmen?
Nein, aktuell läuft das Beratergeschäft mit diesen Themen sehr gut. FOMO (Fear of missing out), also die Angst etwas zu verpassen und nicht mehr zeitgemäß zu sein, beschleunigt den Beratungsumsatz.
Aber was ist mit dem Unternehmenserfolg?
Unsere Erfahrung zeigt, dass leider zu oft grundsätzliche Aspekte bei diesen Themen nicht berücksichtigt werden. Beginnen wir bei der Agilität: Wichtige Punkte sind hierbei Selbstorganisation, proaktives Handeln und Verantwortung. Doch dafür benötig man auch die entsprechenden Akteure. Wollen und können die Mitarbeiter diese Rolle ausfüllen? Möchten Sie Verantwortung übernehmen? Nach welchen Voraussetzungen wurden die Mitarbeiter in der Vergangenheit rekrutiert? Wie stark ist die bisherige Kultur geprägt?
Fragen über Fragen, und dies sind nur ein paar. Muss sich nicht jeder erfolgreiche Fußballtrainer auch die Frage stellen, welcher Spielstil mit seiner Mannschaft möglich ist und wie man ggf. über mehrere Spielzeiten hinweg den Spielerkader an das gewünschte Spielsystem anpasst?
Oder das andere Thema CX:
Customer Experience, die Erlebnisse der Kunden. Aus der klassischen Marktforschungsabteilung wird plötzlich eine CX-Einheit. Aber ein neuer Mantel verändert noch keine Persönlichkeit.
Die Einführung von CX bedeutet in der Regel Kulturwandel beim Unternehmen mit der Unterstützung durch die Geschäftsleitung. Für die CX-Verantwortlichen müssen Handlungsspielräume geschaffen werden. Abteilungsspezifisches Silodenken und unternehmenspolitische Machtspiele sind der Anfang vom Ende. Ein erfolgreiches CX-Management ist nur dann möglich, wenn im Unternehmen eine kundenorientierte Kultur gelebt wird. Das Kundenbedürfnis ist der Ausgangspunkt des Handelns. Geschäftsleitung und Führungskräfte sind in ihrer Vorbild- und Dienstleisterfunktion für die Mitarbeiter gefragt. Der Kundenfokus muss tagtäglich gelebt und kommuniziert werden.
Die Voraussetzung für eine gezielte Customer Experience-Entwicklung ist dabei die Antwort auf die Fragen: Wie wollen wir uns als Unternehmen positionieren? Wie wollen wir (als Marke) wahrgenommen werden? Basierend auf diesen Antworten ist das einzusetzende Analyse-Design zu entwerfen. Bereits diese Fragen sind leider oft in der klassischen Marktforschung nicht handlungsleitend für das jeweils eingesetzte Analyse-Design.
Selbstverständlich sind Agilität und CX in der heutigen Zeit wichtig. Aber bitte vorher Gedanken machen, was dieser eingeschlagene Wunschweg für den Unternehmensalltag bedeutet. Sonst ist der Beraternutzen größer als der angestrebte Unternehmensnutzen. Es ist wie im wahren Leben: Die richtige Dosierung macht es aus.